Türkei und Israel: Kooperation, die die Energielandkarte Europas verändern wird
Quelle: eastweststream, Autorin: Alyona Pavlenko (Wirtschaftliche Expertin von EastWestStream)
Die an der Ost-West Kreuzung gelegene Türkei gilt als Leiter zwischen Europa und Asien. Heute, wo das Problem des Transports von Energieressourcen immer dringender wird, hat Ankara die Möglichkeit, seinen territorialen Vorteil wieder zu nutzen.
Obwohl die Türkei über keine Erdgasreserven für ihren Export verfügt, verfolgt sie im Energiesektor eine flexible Politik. Von Russland über den Turkish Stream und von Aserbaidschan über den Südlicher Gaskorridor wird Gas über die Türkei nach Europa geliefert.
Aber um ein wichtiger regionaler Gasknotenpunkt zu werden, muss Ankara so viele unterschiedliche Verbündete wie möglich finden.
Eines dieser Länder könnte in naher Zukunft Israel sein. Mit ausreichenden Gasreserven für den Export kann Tel Aviv dieTürkei als kostengünstigste Transitroute nutzen. Ankara wiederum zeigt Interesse an israelischem Gas.
Anfang Februar 2022 erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Bereitschaft, den Export von israelischem Gas nach Europa zu erleichtern. Die potenzielle Pipeline sollte sich vom israelischen Leviathan-Feld bis in die Türkei und von dort in europäische Länder erstrecken.
Die Frage der israelischen Gaslieferungen nach Europa ist besonders relevant vor dem Hintergrund eines Baustopps für die östliche Mittelmeer-Gaspipeline (EastMed), durch die Gas aus israelischen und zypriotischen Feldern am Grund des Mittelmeers nach Griechenland fließen sollte . Die Baukosten der 1.900 Kilometer langen östlichen Mittelmeer-Gaspipeline wurden auf über sieben Milliarden Euro geschätzt, und der schwierigste Teil davon bestand darin, in einer Tiefe von mehr als 3.000 Metern in einer seismisch aktiven Zone zu passieren.
Die USA zogen sich im Januar dieses Jahres aus dem Projekt zurück und erklärten es für wirtschaftlich unrentabel. Somit wurde der Aufbau von EastMed tatsächlich eingefroren.
Wesentlich rentabler erscheint vor diesem Hintergrund der Bau einer Gaspipeline zwischen der Türkei und Israel, die auf 1,5 Milliarden Dollar geschätzt wird. Ankara verfügt bereits über eine fertige Infrastruktur für weitere Gasexporte nach Europa.
Im Falle der Unterzeichnung eines Abkommens, wie das türkische Staatsoberhaupt erklärte, kann die Pipeline innerhalb von 4-5 Jahren gebaut werden.
Derzeit ergreift die Türkei alle notwendigen Maßnahmen, um ein wichtiger regionaler Gastransportknotenpunkt zu werden. Der von den türkischen Behörden eingeschlagene Kurs, der die aktuelle geopolitische Situation weitsichtig nutzt, sowie der wachsende Bedarf Europas an der Diversifizierung der Energieressourcen, kann in Zukunft dazu beitragen, die Türkei in den Jahren 2025-2030 zu einem noch größeren Gasknotenpunkt zu machen.